Memes als Erzähler der Hamsterkäufe während der Corona-Pandemie

Abb. 1 – This is fine.

Wir alle haben das Meme gesehen: Das Bild eines anthropomorphisierten Hundes, der sich selber zu überzeugen versucht, dass alles in Ordnung ist. Er sitzt in einem Raum, umgeben von Feuer, und trinkt Kaffee. Diese Illustration wird oftmals benutzt, um eine Selbstverleugnung oder Akzeptanz in einer hoffnungslosen Situation darzustellen.[1] Anfang des Jahres 2020 wurde die Kaffeetasse mit einem Haufen WC-Papierrollen ersetzt, um zu thematisieren, wie öffentliche Panik bezüglich des Coronaviruses zu WC-Papiermangel geführt hat.

Menschen wenden sich oft an populäre Kultur und Humor, um Antworten zu sozialen Dilemmas zu finden.[2] Memes waren schon immer ein Teil der menschlichen Kultur, doch es ist ein relativ neues Phänomen, dass der Meme als ein Konzept entwickelt und akzeptiert wird, welches deskriptive und erklärende Wirkung in Bezug auf kulturelle Geschehnisse hat.[3] Ihre Viralität (bzw. schnelle Informationsweitergabe von Mensch zu Mensch) erlaubt, dass neue Perspektiven und neue Narrative unter vernetzten Individuen geteilt werden. [4]

In meiner Arbeit wurden Memes als postdigitale Medien gesehen, die als Erzähler eine Narration darüber wiedergeben, wie Menschen mit der neuen Normalität der Corona-Zeit, und darunter entstehenden Spannungen, umgehen und neue Bedeutungen erzeugen.

Inwiefern sind postdigitale Memes Erzähler der Hamsterkäufe, die während der Corona-Pandemie stattgefunden haben und welche Emotionen werden dabei getan?

Die Arbeit begrenzte sich auf Memes mit Bild-Text-Komposition und beachtete nicht die GIF’s. Für ein erleichtertes Verständnis wurde bei jedem Meme der Enstehungskontext geschildert. Ein weiterer Aspekt war die Narration, wobei die Rollen der dargestellten Figuren wichtig waren. Darauf aufbauend waren auch Fragen des Diskurses zentral, wie die Bedeutung von Memen, soziale Beziehungen und Werte, Überzeugungen und Weltanschauung, die mit dem Meme kommuniziert werden. Auch Aspekte der Emotionspraktiken (bzw. Wie wird eine Emotion in bestimmten Memen getan?) und die eingesetzten Humorstrategien wurden näher angeschaut.

Die Memes wurden thematisch in drei Gruppen mit jeweils vier Memen eingeteilt: Der Überlebenskampf, Der Wertgegenstand und Die Zukunft.

Abb. 2 – Der Überlebenskampf

Abb. 3 – Der Wertgegenstand

Abb. 4 – Die Zukunft

Bei der Bildreferenz wurden im Falle des Einkaufens und der Zukunft Filme eingesetzt, die ein düsteres Weltbild haben. Solche Referenzen haben zur Folge, dass die Corona-Situation als etwas Finsteres gleichgestellt wird. In Unterschied zu ihnen handelt es sich beim Wertgegenstand um eine alltägliche Szene – Verhandlung von Gütern. Somit ist sie nah an der Normalität vor und während der Corona-Zeit.

Bezüglich der Rollen nehmen beim ersten Blick alle Figuren die Rolle des Helden ein. Die Figuren riskieren ihr Leben, um Menschen zu helfen. Doch zugleich sind sie auch Opfer – Die Heldentat bringt mit sich die Gefahr vor Ansteckung. Alle Beispiele versuchen über gewisse Humorstrategien die Menschen, die gehamstert haben zu delegitimieren. Dabei wurden hauptsächlich Überspitzung, Ironie und Inkongruenz angewendet. Die übertriebene Panik wird ausgelacht, da sie ursprünglich zum Hamsterkauf geführt hat.

In meiner Arbeit wurde vorgeschlagen, dass Memes nur als «partial stories» verständlich und analysierbar sind. Wenn sie als Einzelne angeschaut werden, haben sie eine begrenzte Narration für die User*innen oder werden nur für bestimmte Gruppen oder User*innen begreifbar.[5] Wie es Saint Lauren und Kolleg*innen beschreiben: «However, when considered as a group and especially across time, memes offer valuable insights into developing plots used to make sense of a particular social and political reality like the Covid-19 pandemic which goes well beyond the realm of the biological or the medical»[6].

Quellen

Knobel, Michele und Colin Lankshear: Online Memes, Affinities, and Cultural Production. In: Dies. (Hg.): A new literacies sampler. New York: Peter Lang Publishing, Inc., 2007, 199–228. ISBN 978-0-8204-9523-1.

MacDonald, Shana: What Do You (Really) Meme? Pandemic Memes as Social Political Repositories. In: Leisure Sciences. An Interdisciplinary Journal 77/43(1-2) (2021), 143–151, https://doi.org/10.1080/01490400.2020.1773995 (Abgerufen: 18.05.2021).

Saint Lauren, Constance de, Vlad Glaveanu und Ioana Literat: Internet Memes as Partial Stories. Identifying Political Narratives in Coronavirus Memes. In: Social Media and Society 2021, 1-13.


[1] Knowyourmeme: https://knowyourmeme.com/memes/this-is-fine (Abgerufen: 29.06.2021).

[2] Vgl. Rushkoff, zit. nach Börzsei 2013, 23.

[3] Vgl. Knobel & Lankshear 2007, 203.

[4] Vgl. Mina, zit. nach MacDonald 2021, 144.

[5] Vgl. Saint Lauren et al 2021, 11.

[6] Ebd., 11.